Walter&Willy
Jetzt könnte man meinen, mit Horst sei die Mission erfüllt. Das stimmt, aber zwischen Weihnachten und Anfang Januar hatte ich viel Zeit zum Stöbern in eBay und war dabei einfach neugierig auf andere Pelzarten geworden. Ich hatte seit Nr.1 immer noch eine Rechnung mit dem Fuchs offen und wollte außerdem wissen, wie sich ein geschorener Pelz anfühlt.
Eins sollte man wissen: So ein Pelz fühlt sich einfach toll an. Einen Pelzmantel trägt man – wenn überhaupt mangels richtiger Kälte und passender Gelegenheiten – höchstens ein paar mal im Jahr. Eine Pelzdecke wird schnell zur Gewohnheit. Aber das Nähen von Pelzdecken ist über Tage einfach ein sinnliches Erlebnis. Man hat das Fell dauernd zwischen den Fingern und betrachtet zwischendurch neben dem “Werk” natürlich immer wieder auch den Pelz “an sich”. Also Achtung: Pelzdecken fertigen ist mit Suchtgefahr verbunden!
Am 30.12.06 erhielt ich also den Zuschlag für einen “Lammfellmantel, Pelzmantel, dunkelbraun” in Wiesbaden. Er bestand aus geschorenem Lamm, was mich neugierig gemacht hatte. Als das gute Stück dann eintraf, war ich erst mal richtig geschockt: So fühlt sich doch nur Kunstpelz an. Aber es war tatsächlich Lammfell, was durch das Rasieren wie Samt aussah: Weich, extrem gleichmäßig in Farbe und Struktur und matt glänzend. Der war sicher nie angezogen worden. Der Schnitt des Mantels war perfekt für eine Pelzdecke: Komplett kastenförmig, so daß die Grundfläche an sich schon mal rechtecktig war – lediglich die Armlöcher mußten “gestopft” werden.
Dazu ersteigerte ich am 2.1.07 aus Wuppertal eine “Blaufuchsjacke Größe 36” der Marke SAGA in Dänemark. So muß sich ein Fuchs anfühlen: Richtig flauschig kuschelig. Von der Optik her war ich dann doch etwas enttäuscht. Die gefederte Verarbeitung war so extrem, daß zwischen den ca. 5mm breiten Fellstreifen bis zu 15mm breite Lederstreifen eingenäht waren, wodurch der Pelz geradezu geriffelt wirkte. Den Riffeln rückte ich mit einem Wasser- Volumen- Shampoo-getränkten Schwamm und einer sanften Dusche sowie einer kräftigen Bürste zu Leibe, was die Optik dann deutlich verbessert hat.
Als Rückseite verwendete ich einen seidenartigen Mikrofaser-Stoff, den ich vor Längerem bereits in eBay unter der Farbbezeichnung “hl.Melone” in Berlin ersteigert hatte. Das Ergebnis war viel schöner als das Foto wiedergibt.
Nun hatte ich ja schon eine Pelzdecke – also sollte dieses Exemplar zu einer Freundin nach Berlin. Als ich sie im Januar besuchte, hatte ich auf der Fahrt genügend Zeit, mir eine Geschichte um die Decke auszudenken und die ging so:
Walter und Willy auf der heiligen Melone
Ich war seit längerem im Besitz einer noch weitgehend unbekannten Reliquie, der heiligen Melone. Das scheint sich mittlerweile bundesweit herumgesprochen zu haben, denn plötzlich kam ein junger Mann namens Walter vom Typ Kuschelbär (unförmig, dichtes, wolliges, dunkelbraun gefärbtes Haar und ziemlich groß) zu mir und verlangte, die hl. Melone zu sehen. Ziemlich erstaunt zeigte ich sie ihm und er krallte sich sofort anbetend daran fest. Wenige Tage später kam noch ein schmächtiger, angegrauter Däne namens Willy im Irokesen-Look daher. Er umschlang voller Bewunderung die hl. Melone mitsamt Walter und ließ beide nicht mehr los. Ziemlich bald begannen die zwei, sich zu langweilen und so beschloß ich, sie mit nach Berlin zu nehmen, wo so ein Bär und ein ausgeflippter Alter mit meiner Reliquie sicher mehr Abwechslung finden…